↙️ Filmgeschichte ↘️
Das Leuchten stille


Der brave Soldat und die Liebe: Lasse Hallströms melodramatische Leinwandadaption von Nicholas Sparks’ Bestseller erzählt vom Scheitern einer Fernbeziehung.
Der Soldat zieht in den Krieg, die Braut bleibt daheim. Unzählige Werke der Literatur, des Liedguts und auch des Films widmen sich den Bewährungen der Liebe in Zeiten der Trennung. In seinem 2006 erschienenen Roman Dear John, der hierzulande unter dem Titel Das Leuchten der Stille erschien, kombinierte der für massenwirksame Rührseligkeiten bekannte US-Erfolgsautor Nicholas Sparks das bewährte Sujet mit den Traumata des 11. September und des Kriegs gegen den Terror: John, der Berufssoldat, verliebt sich im Heimaturlaub in die schöne Savannah. Er will den Dienst quittieren, um mit der Frau seines Lebens alt zu werden. Doch mit dem 11. September wird alles anders. Amerika fühlt sich in seinem Selbstverständnis erschüttert, und John – von patriotischem Geist beseelt – verlängert freiwillig seinen Dienst. Die Liebe indes erhalten Rituale wie das romantische Schreiben von Briefen oder das Betrachten des Vollmonds. Bis zu dem Tage, an dem sie ihm schriftlich die Liebe ob eines anderen kündigt. John muss sich entscheiden, ob er um sie kämpfen will. Sparks Sprache ist einfach, seine romantischen Bilder stammen direkt aus dem Fundus der Schmonzettenliteratur.
Dass nun Regisseur Lasse Hallström (ABBA – Der Film, ABBA – The Movie, 1977; Mein Leben als Hund, Mitt liv som hund, 1985) für die Leinwandadaption verantwortlich zeichnet, scheint bei dieser Art von Stoff nur konsequent: Nach der Verlagerung seines Wirkungsschwerpunkts gen USA (Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa, What’s Eating Gilbert Grape, 1993) hat der Schwede mit Filmen wie Gottes Werk und Teufels Beitrag (The Cider House Rules, 1999), Chocolat (2000) oder Schiffsmeldungen (The Shipping News, 2001) mehrfach sein dramatisches Gespür für emotionale Literaturverfilmungen unter Beweis gestellt. Dass er dabei die Larmoyanz zu kontrollieren versteht, bewies er zuletzt mit Hachiko – Eine wunderbare Freundschaft (Hachiko – A Dog’s Story, 2009).



Doch eben diese Kontrolle funktioniert bei Das Leuchten der Stille nicht. Kurioserweise scheitert Hallströms Versuch, das Drehbuch von Jamie Linden kitschfrei umzusetzen, gerade daran, dass er sämtliche Sentimentalitäten vermeidet und sich stark auf die Wirkungen des simplen Grundplots verlässt. Der Handlungsarmut folgt so eine fast ausnahmslos entschleunigte Monotonie der Narration, in der Figurenentwicklungen kaum auszumachen sind. Das Zustandekommen der Liebesbeziehung, ihr Wachsen, ihre Belastung, Bewährung und ihr Scheitern – alles folgt einem gleichförmigen Erzählfluss, der sich auch nicht durch die Subplots des Buches aus dem Takt bringen lässt. Dabei kommt gerade der ausgebauten Geschichte von John und seinem autistischen Vater (Richard Jenkins) eigentlich eine zentrale Rolle in der dramaturgischen Konstruktion zu, soll sie doch die scheinbare Geradlinigkeit der Hauptfigur durchbrechen und sie emotional aufschließen. Doch auch diese Geschichte reiht sich dynamikfrei in das Gesamtbild ein und geht so in ihrer Funktion unter.
Channing Tatum, der bislang eher als Actionfilm-Hüne in Erscheinung getreten ist (G.I.Joe: Geheimauftrag Cobra, G.I .Joe – The Rise of Cobra, 2009) kreiert einen grundguten, verliebten Soldaten, der das Dilemma zwischen patriotischer Pflicht und sehnsuchtserfüllter Liebe glaubwürdig darzustellen vermag. Amanda Seyfried (Mamma Mia!, 2008) überzeugt als sozial engagierte Soldatenbraut, die einfühlsam und unpathetisch für ihre konservativen Vorstellungen von Liebe und Eheleben eintritt. Nur: Die für das romantische Drama zwingend erforderliche Chemie zwischen den beiden Liebenden erschöpft sich rasch in der zähen Erzählung und erstarrt so in der bloßen Behauptung ihrer Existenz. Zwar ist das am Ende nur konsequent, da die Beziehung schließlich genau daran scheitert, jedoch ist bis dahin der Spannungsbogen derartig abgefallen, dass das Zuschauerinteresse in arge Gefahr gerät.


Konsequent meidet Das Leuchten der Stille auch jegliche Auseinandersetzung mit den Realitäten des Krieges. Lediglich im Augenblick von Johns größter Verzweiflung, nachdem Savannah ihm schriftlich den Laufpass gibt, kontrastiert der Film die gemächliche Erzählung mit einer kurzen Nahkampfsszene, in der John verwundet wird. Im Übrigen ist der Krieg in Hallströms Film vor allem gezeichnet von einem getragenen Patriotismus, der mit Hochglanztableaus Soldatenromantik verströmt und so der Trennung der Liebenden die konservative Note schicksalhafter Unvermeidbarkeit aufdrückt.
Hallströms Konzept setzt sichtlich auf die Kraft der schönen Bilder. So schwelgt Terry Staceys Kamera in einer bürgerlichen Heile-Welt-Idylle mit viel lichter Natur, die zusammen mit den ästhetisch verklärten Bildern vom Kriegseinsatz in aller Welt am Ende einen ästhetisch wie politisch reaktionären Beigeschmack aufkommen lässt. Und hierüber kann auch die ergreifende Darstellung von Richard Jenkins (Ein Sommer in New York – The Visitor, 2007) als Johns autistischem Vater nicht hinweghelfen.
